Im Prinzip ist jede zahnärztliche Behandlung eine Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB). Daher muss zur Rechtfertigung die Einwilligung des Patienten eingeholt werden (§ 228 StGB). Die Einwilligung setzt eine ausreichende Aufklärung voraus, da nur ein Patient, der über die Behandlung, die Risiken und Folgen aufgeklärt wurde, in der Lage ist, selbstbestimmt zu entscheiden.

Nach allgemeiner Rechtsprechung muss Sie Ihr Zahnarzt zu folgenden Fragen rechtzeitig und vollständig aufklären (Schinnenburg 2003):

    • Befund
  • Diagnose
  • Therapie
  • Alternative Therapie
  • Therapie der Wahl (Problem des vorliegenden Falls)
  • Risiko
  • Unterlassungsfolgen (was passiert, wenn der Patient die empfohlene Behandlung nicht vornehmen lässt)
  • Kosten
  • Sicherung (Verhalten des Patienten nach der Behandlung).

Der Zahnarzt hat Sie also über die Art der geplanten Behandlung, deren Verlauf, Tragweite, Erfolgsaussichten, Risiken und mögliche Behandlungsalternativen im Großen und Ganzen aufzuklären. Über therapietypische Risiken muss er Sie stets aufklären. Über atypische und seltene Risiken immer dann, wenn sie den Patienten bei Verwirklichung in seiner Lebensführung schwer belasten. Über allgemein bekannte Risiken muss hingegen nicht unbedingt aufgeklärt werden. Sind Sie der deutschen Sprache nicht mächtig, muss ein sprachkundige Person als Dolmetscher hinzugezogen werden.

Mit anderen Worten: Nur wenn Sie als Patient genau wissen, was mit Ihnen geschehen wird, welche Chancen und welche Gefahren damit verbunden sind, und was Sie die ganze Angelegenheit letztlich auch kostet, sind Sie in der Lage, einer Behandlung rechtswirksam zuzustimmen.

Wer wird aufgeklärt?

Adressat der Aufklärung ist der einwilligungsfähige Patient. Nur bei Patienten, die (noch) einwilligungsunfähig sind, also z.B. Minderjährige oder geistig Behinderte, muss eine Aufklärung der Eltern oder der gesetzlichen Vertreter erfolgen, die dann auch der Behandlung zustimmen müssen. Nicht völlig geklärt ist, ob immer beide Eltern einer Behandlung zustimmen müssen. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 15.02.2000) darf sich der Zahnarzt bei “Routinefällen” ungefragt auf die Zustimmung des erschienenen Elternteils verlassen. Bei größeren Eingriffen ist im Regelfall die Zustimmung beider Eltern nötig, sofern nicht ein Elternteil den anderen ermächtigt hat, für ihn mitzuhandeln  (Stellungnahme DGZMK). Besitzt ein Minderjähriger bereits die notwendige Einsichts- und Willensfähigkeit, ist auch der Minderjährige aufzuklären und seine Einwilligung ist ebenfalls erforderlich. Unter Umständen hat er sogar ein Vetorecht.

Wer klärt auf?

Die Aufklärung muss in einem persönlichen Gespräch mit dem Zahnarzt erfolgen. Zwar können Aufklärungsformulare verwendet werden, eine bloße Übergabe von Formularen und Merkblättern reicht jedoch nicht aus. Denn, “die Unterzeichnung formularmäßiger Einverständniserklärungen beweist für sich allein noch nicht, dass der Patient sie auch gelesen und verstanden hat, geschweige denn, dass der Inhalt mit ihm erörtert worden ist” (Oehler 2003). Die bloße Übergabe eines Heil- und Kostenplanes zur Anfertigung eines Zahnersatzes reicht also als Aufklärung nicht aus, ist aber immer wieder zu beobachten.

Wann wird aufgeklärt

Die Aufklärung muss rechtzeitig vor der Behandlung erfolgen. Der Zeitpunkt der Aufklärung ist abhängig von der Art der Behandlung und der Dringlichkeit. Bei planbaren Behandlungen, z.B. bei Zahnersatz, muss die Aufklärung spätestens zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Eingriffs erfolgen. Bei anderen Behandlungen, z.B. bei einer Kariesbehandlung, ist eine Aufklärung vor dem Eingriff ausreichend. Eine Aufklärung nach Gabe von Beruhigungsmitteln ist rechtlich unwirksam.

Dokumentation der Aufklärung

Es ist nicht zwingend notwendig, dass die Aufklärung schriftlich dokumentiert wird. Schon aus eigenem Interesse wird der Zahnarzt die Aufklärung in der Patientenkartei dokumentieren. Zur Vereinfachung der Dokumentation der Aufklärung können Formulare oder Aufklärungsbögen verwendet werden, die unter anderem den Nutzen und die Risiken der Behandlung beschreiben und Besonderheiten des individuellen Aufklärungsgesprächs festhalten. Diese Formulare und Aufklärungsbögen ersetzen aber nicht das persönliche Aufklärungsgespräch!

Auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat die Verwendung von Aufklärungsformularen anerkannt. In einer grundlegenden Entscheidung bereits aus dem Jahre 1985 führt der Bundesgerichtshof hierzu aus:
„Schriftliche Aufzeichnungen im Krankenblatt über die Durchführung des Aufklärungsgesprächs und seinen wesentlichen Inhalt sind nützlich und dringend zu empfehlen. Ihr Fehlen darf aber nicht dazu führen, dass der Arzt regelmäßig beweisfällig für die behauptete Aufklärung bleibt. Ein Rückzug des Arztes auf Formulare und Merkblätter, die er vom Patienten hat unterzeichnen lassen, kann andererseits nicht ausreichen und könnte zudem zu Wesen und Sinn der Patientenaufklärung geradezu in Widerspruch geraten. Allein entscheidend bleiben muss das vertrauensvolle Gespräch zwischen Arzt und Patient. Es sollte möglichst von jedem bürokratischen Formalismus, zu dem auch das Beharren auf einer Unterschrift des Patienten gehören kann, frei bleiben. Deshalb muss auch der Arzt, der keine Formulare benutzt und für den konkreten Einzelfall keine Zeugen zur Verfügung hat, eine faire und reale Chance haben, den ihm obliegenden Beweis für die Durchführung und den Inhalt des Aufklärungsgesprächs zu führen“.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann bei einfach gelagerten Behandlungsfällen die durchgeführte Aufklärung dadurch belegt werden, dass dargelegt wird, dass der verantwortliche Zahnarzt in ähnlichen Fällen eine Aufklärung immer so durchführt. Dieser sogenannte  „immer-so“ Beweis kann dann die schriftliche Dokumentation der durchgeführten Aufklärung ersetzen.

Rechtliche Folgen eines Aufklärungsmangels

Grundsätzlich obliegt dem Zahnarzt der Nachweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung. Erleidet der Patient aufgrund der Behandlung einen Gesundheitsschaden, kann er wie bei einem Behandlungsfehler auch beim Aufklärungsmangel Schadenersatz und Schmerzensgeld verlangen. Beruft sich der Zahnarzt bei einem Aufklärungsmangel darauf, dass der Patient die Einwilligung zur Behandlung auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erteilt hätte, kann der Patient diesen Einwand entkräften, indem er darlegt, dass er sich in diesem Falle in einem echten Entscheidungskonflikt befunden hätte.

Literatur:
Schinnenburg, W.: Ohne korrekte Aufklärung ist auch die indizierte Behandlung rechtswidrig, Die Zahnarztwoche 31/2003.
Oehler, K. : Zahnmedizinischer Stand der Rechtsprechung, Deutscher Ärzteverlag, Köln 2003. 

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Dieser Beitrag wurde von den im Impressum unter “Redaktion” genannten Zahnärzten und zahnmedizinischen Fachkräften erstellt und vom Schlussredaktionsteam didaktisch überarbeitet.
Datum der Erstellung: 15.04.2007, letzten Änderung: 15.04.2007, letzte Überprüfung: 15.04.2007.