Arzthaftung bei Hygienemängeln (BGH)

Bei Hygienemängeln in der Praxis ist ein Arzt oder Zahnarzt haftbar. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 20.03.2007 (Az: VI ZR 158/06) entschieden und einer Patientin das in erster Instanz zugesprochene Schmerzensgeld in Höhe von € 25.000,– bestätigt.

Die Patientin hatte in einer orthopädischen Praxis eine Spritze in den Nacken erhalten und in der Folge einen so genannten Spritzenabszess bekommen. Zur Behandlung des Abszesses war ein zweiwöchiger Krankenhausaufenthalt erforderlich. Eine Untersuchung ergab, dass der Spritzenabzess die Folge einer Staphylokokken-Infektion war. Überträger der Keime war eine assistierende Arzthelferin, die an Heuschnupfen litt. Bei einer Überprüfung der Praxis durch das Gesundheitsamt wurde die Hygieneprophylaxe in der Praxis beanstandet. So fehlten in der Praxis Hygienepläne und -anweisungen. Desinfektionsmittel waren häufig nicht in ihren Originalbehältnissen aufbewahrt worden und teilweise verkeimt gewesen. Zudem habe sich das Praxispersonal vor dem Aufziehen einer Spritze in der Regel nicht die Hände desinfiziert.

Zwar gehören Keimübertragungen zum Krankheitsrisiko eines Patienten, für das ein Arzt nicht unbedingt haftbar gemacht werden kann. Anders liege der Fall jedoch, wenn der Arzt nachweisbar gegen Hygienevorschriften verstoßen hat. Der Bundesgerichtshof wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass die Schädigung der Patientin durch dadurch eine mangelhafte Hygiene ergeben hätte. Ein Ausschluss dieses Risikos wäre aber durch Beachtung der geltenden Hygienevorschriften möglich gewesen.

Zwar müsse grundsätzlich der Patient den von ihm behaupteten Fehler und dessen Ursächlichkeit für den Schaden beweisen. Im Fall von Hygienemängeln besteht jedoch ein Risiko, welches durch den Arzt beherrscht werden kann. Steht daher fest, dass sich dieses Risiko verwirklicht hat, ist es Sache des Arztes zu beweisen, dass es hinsichtlich des Pflichtverstoßes an einem Verschulden seinerseits fehlt. In dem konkreten Fall gelang dem Arzt der Entlastungsbeweis nicht, weshalb er zum Schmerzensgeld verurteilt wurde.

BGH, Urteil vom 20.03.2007, Az. VI ZR 158/06.

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Dieser Beitrag wurde von den im Impressum unter “Redaktion” genannten Zahnärzten und zahnmedizinischen Fachkräften erstellt und vom Schlussredaktionsteam didaktisch überarbeitet.
Datum der Erstellung: 05.11.2007, letzten Änderung: 05.11.2007, letzte Überprüfung: 05.11.2007.