Eine Alternative zur Auslandsbehandlung bietet die Anfertigung des Zahnersatzes im Ausland, beispielsweise in China oder der Türkei. Durch die weitaus geringeren Lohnkosten am Produktionsstandort ist für den Patienten eine Kostenersparnis um bis zu 85 Prozent gegenüber den gängigen deutschen Preisen möglich. Mit anderen Worten: Wer als Patient ein lückenlos geführtes Bonusheft nachweist und die Regelversorgung beim Zahnersatz wählt, erhält die neuen Zähne ohne Zuzahlung. Daher werben viele Anbieter von ausländischen Prothesen mit „Zahnersatz zum Nulltarif“, wobei meist klein gedruckt ergänzt wird: „Dieses Angebot bezieht sich auf die von den Krankenkassen vorgesehene Regelversorgung und für Patienten mit 30 Prozent Bonus.“ Für gleichartige oder andersartige Versorgungen oder für Patienten ohne ein lückenlos geführtes Bonusheft entstehen trotz der Fertigung im Ausland in vielen Fällen, wenn auch geringere, Zusatzkosten. 

Preisvergleich VMK-Krone (Metallkrone mit Keramikverblendung)
Ausland Deutschland
Zahnarzthonorar (BEMA) 129,49 € 129,49 €
Laborpreis VMK-Krone 99,99 € 198,04 €
Abzüglich Festzuschuss der gesetzlichen Krankenkasse mit 30% Bonus (10 Jahre) 210,95 € 210,95 €
Zuzahlung für den Patienten 18,53 € 116,58 €

Preisvergleich für Zahnersatz (Basis: Preisliste 2009 eines Anbieters von Auslandszahnersatz.

Zahnersatz aus dem Ausland kann sowohl vom Zahnarzt direkt bezogen werden, als auch über deutsche Zahntechniklabore, die ausländischen Zahnersatz importieren. Mittlerweile arbeiten deutsche Dentallabore mit ausländischen Laboren zusammen, unterhalten eine verlängerte Werkbank in China, der Türkei oder einem osteuropäischen Grenzstaat. In der Praxis bedeutet dies, dass ein ausländisches Dentallabor von seinem deutschen Partnerlabor den Auftrag erhält, den Zahnersatz entsprechend der zahnärztlichen Vorgaben zu fertigen. Die für die Anfertigung des Zahnersatzes notwendigen Modelle werden in der Regel bereits im deutschen Zahntechniklabor hergestellt und für die Weiterverwendung vorbereitet. Zusammen mit dem detaillierten Arbeitsauftrag werden die Modelle dann an das ausländische Labor verschickt. Nach der Rückkehr des fertigen Zahnersatzes wird dieser im deutschen Labor überprüft und an die Zahnarztpraxis ausgeliefert und beim Patienten eingesetzt. Über die Hälfte des im Ausland gefertigten Zahnersatzes kommt aus China. Auf den Plätzen zwei und drei folgen mit großem Abstand die Türkei und die Philippinen.

Herkunftländer von ausländischem Zahnersatz (Klingenberger 2009).

Zahntechniker kritisieren Qualität. Zu Recht oder Lobbyismus?

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Herstellung von Zahnersatz in China.

Aus verständlichen Gründen reagiert der Verband der Deutschen Zahntechniker-Innungen (VDZI) kritisch auf den Import von Zahnersatz. Schließlich vertritt der Verband die beruflichen und wirtschaftlichen Interessen des Zahntechniker-Handwerks und bei der Diskussion um ausländischen Zahnersatz geht es auch um die Gefahr für die Arbeitsplätze der Zahntechniker in Deutschland. Vor diesem Hintergrund ist verständlich, wenn die Zahntechniker-Innungen immer wieder die Qualität des im Ausland produzierten Zahnersatzes anzweifeln und Negativbeispiele verallgemeinern. Da spricht der ehemalige VDZI-Präsident Lutz Wolff in der Bild-Zeitung von krebserregenden Substanzen die im Zahnersatz enthalten sein könnten, schürt damit Ängste bei Patienten (Zahnärztliche Mitteilungen 24/2002) und geht davon aus, dass nur das Meisterlabor vor Ort allein die Unbedenklichkeit des Zahnersatzes  gegenüber Zahnarzt, Patient und der Gesellschaft verantworten kann (VDZI-Pressemeldung 11/2007).

Dagegen bezeichnet der ehemalige Präsident der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK), Prof. Dr. Heiner Weber, es als unsinnig, Arbeiten aus dem Ausland von vorneherein als minderwertig einzuschätzen (Bayerisches Zahnärzteblatt 4/2005). Eine Einschätzung, die der Kölner Professor Kerschbaum mit seiner Untersuchung zur Passgenauigkeit von im Ausland gefertigten Kronen bestätigt. Sein Fazit: „Wesentliche Unterschiede zwischen den Kronen aus dem Ausland und denjenigen, die in Deutschland hergestellt worden waren, ergaben sich nicht.“ (Zahnärztliche Mitteilungen 19/2001).

Informiert man sich auf den Internetseiten der Dentallabore (z. B. www.semperdent.dewww.dentaltrade-zahnersatz.de), studiert man die Artikel in Fachzeitschriften (z. B. Zahnärztliche Mitteilungen 6/2006) oder liest Berichte von Laborbesuchen im Ausland (Dental Barometer 2/2006), dann entspricht die apparative Ausstattung der ausländischen Labore den modernsten westlichen Technologien, Qualitätskontrollen werden groß geschrieben, Zertifizierungen sind selbstverständlich, und der Ausbildungsstand der Mitarbeiter ist hoch. Die in den Laboren verwendeten Zahnersatzmaterialien entsprechen den Vorgaben der deutschen CE-Norm und des Medizinproduktegesetzes (MPG). Dass zumindest die Hersteller von ausländischem Zahnersatz von ihrer Qualität überzeugt sind, zeigt die auf drei oder fünf Jahren verlängerte Garantie. Die in Deutschland gesetzlich verankerte Gewährleistung von zwei Jahren wird damit um bis zu drei Jahren übertroffen.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Zahnersatz aus dem Ausland nach den gleichen Qualitätsregeln hergestellt wird wie in Deutschland. Denn der Zahnersatz muss den Anforderungen der europäischen Richtlinie über Medizinprodukte (93/42/EWG) sowie dem Medizinproduktegesetz (MPG) genügen. Da laut MPG als Sonderanfertigungen Produkte bezeichnet werden, „die nach schriftlicher Verordnung eines entsprechend qualifizierten Arztes unter dessen Verantwortung nach spezifischen Auslegungsmerkmalen eigens angefertigt und zur ausschließlichen Anwendung bei einem namentlich genannten Patienten bestimmt sind“, gehört Zahnersatz zur Gruppe der Sonderanfertigungen, für die eine „Erklärung zu Produkten für besondere Zwecke“ (Konformitätserklärung) gemäß der Richtlinie 93/42/EWG, Anhang VIII notwendig ist. Diese Richtlinie beschreibt das Verfahren, nach dem die Hersteller von Sonderanfertigungen vorgehen müssen, um die Einhaltung der „Grundlegenden Anforderungen“ nachzuweisen. Eine CE-Kennzeichnung ist nicht notwendig. Ist der Zahnersatz eingesetzt, hat der Patient Anspruch auf diese „Konformitätserklärung“ des zahntechnischen Labors. Er erfährt so, welche Materialien für den Zahnersatz verwendet wurden und aus welchem Land er kommt (§ 87 Abs. 1a SGB V).

Rechtlich keine Nachteile für Patienten

Da der Zahnarzt in Deutschland praktiziert und Pflichtmitglied einer Zahnärztekammer ist, untersteht er dem deutschen Recht und Verordnungen (z. B. BGBSGB VGesetz über die Ausübung der ZahnheilkundeMedizinproduktegesetzZulassungsverordnung für VertragszahnärzteBerufsordnung für ZahnärzteVerordnung über den Schutz vor Schäden durch Röntgenstrahlen) und es gelten alle Verträge, die zwischen den Krankenkassenverbänden und den Zahnärztekammern getroffen sind (z. B. Bundesmantelvertrag-Zahnärzte [BMV-Z], Ersatzkassenvertrag – Zahnärzte [EKVZ]). Somit ist es im Falle einer Nachbesserung oder eines Schadenersatzanspruches unerheblich, ob der eingegliederte Zahnersatz in Deutschland oder aber im Ausland gefertigt wurde. Neben der zweijährigen Gewährleistung (§ 137 Abs. 4 SGB V) besteht auch die Möglichkeit zur Begutachtung (BMV-Z Anlage 6-14EKVZ § 22) bei vermuteten Mängeln oder die Anrufung einer außergerichtlichen Schlichtungsstelle zur Überprüfung von vermuteten Behandlungsfehlern. Sollte es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen, ist ein deutsches Gericht zuständig.

Fazit

Die Möglichkeit, Zahnersatz aus dem Ausland zu beziehen, bietet den Patienten einen einfachen und rechtlich unproblematischen Weg, Kosten zu sparen. Vor allem weniger anspruchsvolle Zahnersatzarbeiten, beispielsweise Modellgussprothesen, Kronen oder Brücken im Seitenzahnbereich lassen sich kostengünstig im Ausland fertigen. Allerdings kann eine Zahnarztpraxis nicht verpflichtet werden, mit einem bestimmten Labor zusammen zu arbeiten. Die meisten Zahntechniklabore nennen jedoch auf Anfrage des Patienten Namen von Zahnarztpraxen, an die sie ihren Zahnersatz liefern.
Dennoch: Bereits jetzt ist jeder zehnte Zahnersatz importiert. Gerade vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise und der sich damit verschlechternden finanziellen Situation vieler Patienten ist davon auszugehen, dass die Nachfrage weiter steigt.

       Weitere Informationen im Internet

Literatur
Bayerisches Zahnärzteblatt: Zahnersatz im Ausland. 4/2005: 6-7. (Volltext).
Dental Barometer: Konkurrenz aus China – Chancen und Risiken für den hiesigen Dentalmarkt. 2/2006: 2-6. (Volltext).
Klingenberger, D., Kiencke, P., Köberlein, J., Liedmann, I., Rychlik, R.: Dentaltourismus und Auslandszahnersatz. Deutscher Zahnärzte Verlag, Köln 2009. (Zusammenfassung).
VDZI: Der beste Verbraucherschutz ist das Meisterlabor vor Ort. Pressemitteilung 11/2007.(Volltext).
Zahnärztliche Mitteilungen: Randschluss von Kronen aus dem Ausland. 19/2001: 44-46. (Volltext).
Zahnärztliche Mitteilungen: Aufklärung hat höchste Priorität. 24/2002: 22. (Volltext).
Zahnärztliche Mitteilungen: Das Gipsmodell im Höhenflug.6/2006: 32-36. (Volltext).