Kiefergelenkbehandlung

Gelenkknacken, Schmerzen der Kaumuskulatur, Ohrenschmerzen oder Tinitus können ihre Ursache in einer Kiefergelenkerkrankung haben. Entscheidend für die Heilung ist ein frühzeitiger Therapiebeginn.
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Zusammenarbeit zwischen Zahnarzt und Arzt – unnötige Ängste nehmen

Die zahnärztliche Therapie soll zwar das harmonische Zusammenspiel der  „Mundstatik“ wiederherstellen, was aber nicht bedeutet, dass jedes Gelenkknacken oder Reibegeräusch behandelt werden muss (Könönen et al. 1996, Reißmann u. John 2007). Zur Behandlung der CMD werden verschiedenste Verfahren angewandt, wenngleich nicht alle Verfahren wissenschaftlich abgesichert sind (fehlende Evidenz). Im Vordergrund stehen Therapien, die umkehrbar, nichtinvasiv und kostengünstig sind. Da CMD die unterschiedlichsten Ursachen haben kann, sind auch verschiedene Behandlungsmethoden nötig.

Ebenso ist eine intensive Zusammenarbeit von Zahnärzten, Hals-, Nasen- und Ohrenärzten, Schmerztherapeuten, Orthopäden,  Neurologen,  Psychologen und Physiotherapeuten, die jeweils ihren Teil zur Behandlung beitragen, entscheidend für das Behandlungsergebnis. In diesem Zusammenspiel der verschiedenen Fachdisziplinen sollte der Zahnarzt die „Lotsenfunktion“ übernehmen (Ahlers u. Jakstat 2007).

Da die meisten CMD-Patienten gut behandelbar sind, ist es wichtig, betroffene Patienten über die Diagnose und die gute Prognose aufzuklären. Die Bedeutung der Aufklärung lässt sich am Beispiel des „Gelenkknackens“ zeigen: Ein Patient hört aufgrund einer Diskusverlagerung (mit Reposition) ohne Schmerzen ein Knackgeräusch im Kiefergelenk. Er vermutet einen unheilbaren, sich langsam verschlimmernden Schaden. Um dies zu vermeiden, schränkt der Patient im täglichen Gebrauch seine Mundöffnung im Sinne einer Schonhaltung bewusst ein. Völlig unnötigerweise, denn wie bereits erwähnt ist Kiefergelenkknacken kein Risikofaktor für eine Kiefergelenkerkrankung. Dies muss dem Patient mit verständlichen Worten erklärt werden, um vorhandene Ängste in einen realistischen Rahmen einzuordnen (Palla 1998).

Selbstbeobachtung, Verhaltensänderungen und Massagen können helfen

Sehr wichtig ist es, den CMD-Patienten für Fehlverhalten und schädliche Knirschgewohnheiten zu sensibilisieren. So kann erkannt werden, unter welchen Umständen beispielsweise der Patient mit den Zähnen knirscht oder presst. Vermutet man als Auslöser der Beschwerden Stress oder eine Verspannung, helfen spezielle Übungen die Kaumuskulatur zu entspannen und die Kiefer in einer lockeren Stellung zu halten. Selbst eine Umstellung der Ernährungsgewohnheiten kann eine gewisse Linderung bewirken. Ebenso tragen Massagen, Bewegungsübungen oder leichtes Stretching zur Besserung der Beschwerden bei. Während Wärme bei der Verspannung der Kaumuskulatur geeignet ist, hilft Kälte bei Schmerzen (Schmitter u. Leckel 2008).
Sowohl zur Stressbewältigung als auch zur muskulären Entspannung sind autogenes Training, Yoga oder die progressive Muskelentspannung nach Jacobson hilfreich. Genügen diese Entspannungsverfahren nicht, sind tiefgreifende Verhaltensänderungen unter Anleitung eines in der psychologischen Schmerztherapie erfahrenen Psychologen erforderlich.

Ostheopathie, Akupunktur, TENS

Ostheopathie kann als ergänzende Therapie angewendet werden (DGZMK 2005), wenngleich der wissenschaftliche Nachweis ihrer Wirksamkeit bei CMD nicht existiert (Leder 2010). Ob Akupunktur bei Kiefergelenksschmerzen sinnvoll ist, kann aus der Literatur nicht eindeutig entnommen werden. Als Begleittherapie scheint jedoch die Akupunktur in vielen Fällen nützlich zu sein (Kares et al. 2001, Leder 2010). Ebenso fehlen zur Wirksamkeit der transkutanen elektrischen Nervenstimulation (TENS) bei CMD eindeutige Belege. Die schmerzstillende Wirkung der TENS beruht auf der Ausschüttung schmerzlindernder morphinähnlicher Substanzen (Endorphine) und einer besseren Durchblutung der betroffenen Körperregion, was  zu einer Entspannung der Kaumuskulatur führt. Festzustellen bleibt, dass weder mit Akupunktur noch mit TENS-Geräten eine ursächliche Behandlung durchgeführt werden kann.

Okklusionsschienen als Therapie – Schmerzmittel manchmal nötig
Eine weitere Behandlungsmöglichkeit besteht in der Eingliederung einer herausnehmbaren Okklusionsschiene (Aufbissschiene) aus Kunststoff, um die Stellung des Kiefergelenks günstig zu beeinflussen und das Kausystem zu entlasten. Durch die Schiene wird der Unterkiefer in eine neue Position gebracht und die Überaktivität der Kaumuskulatur verringert. Außerdem entlastet eine Schiene die Kiefergelenke. Die hohe Erfolgsrate der Schienentherapie ist durch Studien gut dokumentiert.

      Wirkung von Schienen
  • Kaukraftbeeinflussung
  • Verringerung der Mobilität und Verschleiß der Zähne
  • Minderung bzw. Ausschalten von Parafunktionen
  • Reduktion bzw. Ausschaltung von muskulären Dysfunktionen
  • Beeinflussung von anatomischen Beziehungen innerhalb des Kiefergelenks

Zwar gibt es verschiedene Arten von Schienen, allerdings konnte eine überlegene Wirkung bestimmter Schienengestaltungen bisher nicht gezeigt werden. Aufgrund der weltweiten lang-jährigen Erfahrungen ist die aus hartem Kunststoff hergestellte und alle Zähne eines Kiefers bedeckende Michigan-Schiene als Standard-Schiene anzusehen. Hinzu kommen ihre geringen Herstellungskosten und ihre praktisch nebenwirkungsfreie Wirkung (Türp 2002 u. 2007). Begleitende Maßnahmen zur Schienentherapie sind Entspannungsübungen, Massagen und Muskelübungen.

Vor allem in der akuten Phase ist die Anwendung von Medikamenten zur schnellen Schmerzbeseitigung häufig unumgänglich. Neben Schmerzmitteln (Analgetika) und Entspannungsmitteln (Relaxantien) werden hierbei auch nichtsteroidale entzündungshemmend Medikamente (NSAR, z. B. Ibuprofen, Naproxen, Diclofenac) eingesetzt (Fußnegger 2004). Die medikamentöse Therapie ist in der Regel nur Teil eines Therapie-Gesamtkonzeptes.


Vorsicht bei systematischen Einschleifmaßnahmen und Neuversorgung mit Zahnersatz

Zwar werden immer wieder systematische Einschleifmaßnahmen, also das Korrigieren von Kauflächen der Zähne, zur Behandlung oder zur Verhütung von CMD angewendet. Ihr Sinn ist jedoch mehr als fraglich und wissenschaftlich nicht gestützt (Tsukiyama et al. 2001, Türp 2003). Daher darf mit einem Einschleifen der natürlichen Zähne – wenn überhaupt – erst begonnen werden, wenn durch eine vorangehende klinische und instrumentelle Funktionsanalyse und eine Schienentherapie zweifelsfrei nachgewiesen wurde, dass eine Veränderung des Bisses durch Beschleifen der Zähne zu einer Besserung führt. Das gleiche gilt für die Neuversorgung des Gebisses mit Kronen, Brücken oder umfangreichen Teilprothesen.

Chirurgische Therapie sehr selten nötig
Funktionelle Störungen des Kiefergelenks sollten auch bei schweren Fällen zunächst konservativ behandelt werden. Die früher häufiger eingesetzten chirurgischen Verfahren haben ihre Bedeutung weitgehend verloren und werden nur noch mit größter Zurückhaltung eingesetzt. Operative Therapien des Kiefergelenks werden vor und nach der Operation durch eine Behandlung mit Schienen unterstützt. Eine chirurgische Therapie kommt bei gelenkbedingten (arthrogen) Funktionsstörungen in sehr seltenen Fällen in Frage, bei denen vorhergehende konservativen Behandlungsmaßnahmen keinen Erfolg hatten. Hauptsächlich die sogenannte Gelenkspülung kann bei Patienten mit einer Formveränderung des Kondylus eingesetzt werden. Muskulärbedingte (myogene) Funktionsstörungen werden nur konservativ, nicht aber chirurgisch behandelt.

      Therapien bei CMD
  • Patientenaufklärung
  • Selbstbeobachtung
  • Physiotherapie, manuelle Therapie, physikalische Therapie und Osteopathie
  • Pharmakologische Therapie
  • Entspannungstherapie
  • Schienentherapie
  • Akupunktur und andere alternative Therapieverfahren

CMD-Behandlungen und Kosten
Privatleistungen: Funktionsdiagnostik und Funktionstherapie

Die Kosten einer CMD-Behandlung (Funktionsdiagnostik, Funktionstherapie) gehören nicht zu den Leistungen der gesetzlichen Kranken-kassen (SGB V § 28, Abs. 2), sind also reine Privatleistungen (außervertragliche Leistungen). Nach einer Vereinbarung gemäß § 4 Abs. 5 BMV-Z bzw. § 7 Abs. 7 EKVZ ist ein entsprechender Heil- und Kostenplan aufzustellen. Diese Vereinbarung ist ein „Muss“, weil die Liquidation ansonsten unter Umständen nicht fällig ist (siehe § 4 Abs. 5 Punkt d BMV-Z und § 7 Abs. 7 EKVZ).

Leistungen der GKV: Aufbissbehelfe und Schienen
Während funktionsdiagnostische und funktionstherapeutische Maßnahmen keine Leistung der GKV sind, gehören Aufbissbehelfe und Schienen zur vertragszahnärztlichen Versorgung (Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung). Es muss jedoch in der Regel vor Behandlungsbeginn die Zustimmung der jeweiligen Krankassen eingeholt werden. Dabei sind im Behandlungsplan die Leistungen einzutragen. Bei bestehenden Schmerzen kann jedoch sofort mit der Behandlung begonnen werden, soweit es sich um zahnmedizinisch unaufschiebbare Maßnahmen handelt. Andernfalls muss mit der Behandlung bis zum Vorliegen der Kostenübernahme der Krankenkasse gewartet werden. Zur vertragszahnärztlichen Versorgung gehört auch das Umarbeiten einer Prothese zum Aufbissbehelf, wenn der Patient unter einer Kiefergelenkserkrankung leidet oder ein chirurgischer Eingriff vorgenommen werden musste. Für eine, die Behandlung begleitende Physiotherapie werden die Kosten von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen.

Für Leistungen der GKV gilt als Honorar-Berechnungsgrundlage der Bewertungsmaßstab zahnärztlicher Leistungen (BEMA). Für die Abrechnung von Aufbissbehelfen und Schienen stehen im Bema, Teil 2, die Positionen K1 bis K9 zur Verfügung, darüber hinaus die Nr. 2 für die Planung der Behandlung und die Nr. 7b für Planungsmodelle.

Privatleistungen werden nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) und den Leistungsnummern 800 ff. abgerechnet. Bei der Bemessung der GOZ-Gebühren legt der Zahnarzt den Steigerungssatz für die jeweilige Grundgebühr selbst fest. Der Gebührenrahmen erstreckt sich vom 1fachen bis zum 3,5fachen des Gebührensatzes. Überschreitet der Zahnarzt den 2,3fachen Gebührensatz, so ist eine schriftliche Begründung in der Rechnung nötig. Es ist daher in jedem Fall sinnvoll, sich vor der Behandlung eine Kostenaufstellung geben zu lassen. Die privaten Krankenversicherer beteiligen sich in der Regel an den Kosten, allerdings sollte vor Behandlungsbeginn eine Kostenzusage durch die jeweilige Versicherung eingeholt werden.

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