Wurzelkanalbehandlung (Endodontie)

Durch einen Unfall oder eine weit fortgeschrittene Karies, kann es zu einer bakteriellen Infektion und zu einer Entzündung der Pulpa (Pulpitis) kommen. Die ersten Anzeichen dieser Entzündung sind gelegentliche Schmerzen bei Kälte- bzw. Wärmereizen. Wird in diesem Stadium die Ursache der Erkrankung, z. B. eine tiefgehende Karies, behandelt, kommt es in der Regel zu einer Nerverholung (reversible Pulpitis). Andernfalls können sich innerhalb kurzer Zeit diese Warnzeichen zu massiven Zahnschmerzen entwickeln. Erfolgt nicht spätestens jetzt eine Behandlung, kann sich der Nerv nicht mehr erholen (irreversible Pulpitis). Die Pulpa stirbt ab. Die Entzündung geht auf den Kieferknochen über. Durchbricht die Entzündung auch den Kieferknochen, kann sich die Infektion bis in die Weichteile des Gesichtes oder Halses ausbreiten. Ein Abszess bildet sich und es entsteht die “dicke Backe”! Es ist aber auch möglich, dass die Entzündung und das Absterben der Pulpa völlig beschwerdefrei verläuft.

Die einzige Möglichkeit, einen erkrankten, aber noch “erhaltungsfähigen”  Zahn zu erhalten, ist die Wurzelkanalbehandlung, auch endodontische Behandlung genannt. Eine schwierige und langwierige Behandlung. Dennoch, prinzipiell ist jeder Zahn als erhaltungsfähig anzusehen, der eine noch weitgehend intakte Struktur aufweist und sich in einem parodontal akzeptablen Zustand befindet. Eine bloße Zerstörung der Zahnkrone stellt keinen ausreichenden Grund für eine Zahnentfernung dar!

Indikation Kontraindikation
  • Erhaltungswürdiger Zahn mit Pulpitis.
  • Erhaltungswürdiger Zahn mit apikaler Parodontitis.
  • Zahn, bei dem der Nerv (Pulpa) offen liegt.
  • Schwere Allgemeinerkrankungen.
  • Nicht erhaltungswürdige Zähne.
  • Schlechte Prognose, z.B. stark gekrümmter Kanal.
  • Desinteresse des Patienten an Zahnerhaltung.
Zeichen für eine irreversible Pulpitis  Zeichen für eine reversible Pulpitis
  • Schmerz pulssynchron klopfend, evtl. nachts stärker
  • Schmerzlinderung bei Kälte
  • ausstrahlender Schmerz
  • Schmerz ist reizüberdauernd
  • Zahn lokalisierbar
  • Vitalität (Kältetest) vorhanden, evtl. verstärkt
  • Zahn evtl. klopfempfindlich
  • Schmerz nur kurz dauernd auf heiß, kalt, süß, sauer
  • Vitalität (Kältetest) vorhanden
  • Zahn nicht klopfempfindlich

Zu viele Zähne werden unnötig gezogen
Eine Förderung, die noch nicht von jeder Zahnarzt­praxis ausreichend berücksichtigt wird. Zwar gingen im Zeitraum von 1970 bis 1994 die Zahnent­fernungen kontinuierlich von 17 Millionen auf 11 Millionen zurück, was sicherlich als ein Zeichen für die Wirksamkeit von Gruppen- und Individualpro­phylaxemaßnahmen, aber auch für bessere zahn­erhaltende Therapien (Füllungen, Wurzel­behandlungen, Parodontalbehandlungen etc.) ge­wertet werden kann. Stellt man diesen Zahlen jedoch die Zahl der abgerechneten Wurzelkanal­behandlungen gegenüber – sie nahm im gleichen Zeitraum von 3 Millionen auf 6 Millionen zu – so muss festgestellt werden, dass auch im Zeitalter von minimalinvasiver Behandlung und dentaler Hightech noch immer deutlich mehr Zähne gezogen als er­halten werden. So zeigt eine Studie aus Nord­deutschland, dass lediglich an einem Drittel aller Zähne mit eindeutigem Wurzelbehandlungsbedarf tatsächlich entsprechende Behandlungen vor­genommen wurden. Ein Großteil der behandlungs­bedürftigen Zähne wurde nicht behandelt, ein nicht unerheblicher Anteil von möglicherweise durch eine Wurzelbehandlung erhaltbarer Zähne wurde ohne entsprechenden Behandlungsversuch entfernt (von Hammerstein-Loxten 2000).

Dabei ist keine Brücke, keine noch so luxuriöseTeilprothese und auch kein Implantat besser als der eigene Zahn. Zumal die Erfolgsquote einer korrekt durchgeführten Wurzelbehandlung bei 90 Prozent und mehr liegt (Sjögren, U. et al. 1990; Farzaneh, M et al. 2004, Weiger, R. 2005). Und auch die Lebensdauer eines erfolgreich wurzel­kanalbehandelten Zahnes liegt im langfristigen Vergleich nur unwesentlich unter jener von vitalen Zähnen.

Zugegeben, gerade in implantologisch orientierten Zahnarztpraxen wird es oftmals anders dargestellt. So begründen viele Zahnärzte ihre Entscheidung für Implantatversorgungen damit, dass es technisch einfacher sei, einen Zahn zu ziehen und danach ein Implantat zu setzen, als sich einer Wurzel­behandlung zu widmen. Laut Professor Staehle, Ärztlicher Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltungs­kunde der Mund-, Zahn- und Kieferklinik Heidelberg, ist „dem Patienten (…) oft nicht bekannt, dass solche Erwägungen eine nicht unwesentliche Rolle bei der Beratung spielen (Dentalzeitung 5/2006). Aber es gibt wohl kaum einen Patienten, der nicht statt eines Implantates lieber seinen eigenen Zahn behalten will. Oder, um es drastischer auszu­drücken: Implantate sind auch das dübelgewordene Bild des Versagens aller Beteiligten in der Zahn­erhaltung.

 

Diagnostik der Pulpaerkrankungen
Die exakte Diagnose bei den einzelnen Erkrankungen der Pulpa ist sehr schwierig. Die wichtigsten Merkmale für die Diagnose ist Art des Schmerzens, die so genannte Schmerzqualität, seine Lokalisierbarkeit sowie die Reaktion auf Warm und Kalt und die Klopfempfindlichkeit des Zahnes. Außerdem ist entscheidend, ob die Pulpa noch reagiert, also vital ist, oder ob sie bereits infolge der Entzündung abgestorben, der Zahnarzt nennt das “devital”, ist.

Die Vitalität der Pulpa kann durch die Kälteanwendung getestet werden. Hierzu wird ein mit einem Kältemittel besprühtes Wattepellet auf den Zahn gedrückt. Bei vitaler Pulpa wird der Kältereiz empfunden. Eine andere Möglichkeit ist die elektrische Sensibilitätsprüfung. Neben dem Sensibilitätstest ist für die Diagnostik eine Röntgenaufnahme, am besten ein Einzelbild, notwendig.

Entsprechend der gefundenen Symptome unterscheidet der Zahnarzt mehrere Formen der Pulpa-Erkrankung (DGZMK 2007a):

Akute reversible Pulpitis 
Kälteempfindlichkeit, Empfindlichkeit auf süß oder sauer oder Berührung. Die Schmerzdauer entspricht der Dauer der Reizeinwirkung.

Akute irreversible Pulpitis
Wärme und Kälteempfindlichkeit, bei hoch akuter Phase werden Schmerzen durch Kälte gelindert. Schmerz hält länger an als Reiz dauert.

Akute Parodontits apicalis
Aufbiss- und Klopfempfindlichkeit.

Akuter apikaler Abszess
Druckempfindlichkeit, Aufbissempfindlichkeit, Wärmeempfndlichkeit, Schwellung.

Durchführung der Wurzelkanalbehandlung
Am Anfang steht die Aufbereitung

Ziel der Wurzelkanalbehandlung ist die vollständige Entfernung der Pulpa aus dem Wurzelkanal (es können auch mehrere Kanäle sein), das Erreichen einer weitestgehenden Bakterienfreiheit in dem Kanal und der dichte Verschluss des Kanals. Das Ausfüllen des Wurzelkanals mit einem gewebefreundlichen Material verhindert den Übertritt von Bakterien in den Kieferknochen. Kleinere Entzündungen im Bereich der Wurzelspitze können durch eine Wurzelkanalbehandlung ausheilen. Vor der eigentlichen Behandlung wird zunächst eine Röntgenaufnahme des betreffenden Zahnes angefertigt, um festzustellen, ob eine Wurzelkanalbehandlung überhaupt angezeigt und durchführbar ist.

Um zu verhindern, dass während der Wurzelkanalbehandlung mit dem Speichel Bakterien in den Wurzelkanal gelangen, wird der Zahn mit einem Gummituch isoliert (“Kofferdam-Gummi”). Das Gummituch schützt nicht nur vor Speichelzutritt, sondern auch vor dem eventuellen Verschlucken der zum Aufbereiten des Wurzelkanals verwendeten feinen Instrumente. Bei einer Latex-Allergie muss anstelle des Gummituchs ein Tuch aus Silikon verwendet werden. Das die Qualität der Behandlung durch die Verwendung von Kofferdam gesteigert werden kann, zeigen verschiedene Untersuchungen  (Heidemann, D.: Praxis der Zahnheilkunde – Endodontie. Urban u. Fischer, München 2001). Dementsprechend fordern in einer gemeinsame Stellungnahme die Deutsche Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ) und die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) die Verwendung von Kofferdam bei Wurzelkanalbehandlungen als Pflicht im Sinne einer “good clinical practice”. Die Stellungnahme der DGZ als pdf-Dateials können Sie hier herunterladen.

Dem steht der Berufsverband der Allgemeinzahnärzte in Deutschland (BVAZ) kritisch gegenüber. Der BVAZ kann den wissenschaftlichen Beleg zur Begründung der Notwendigkeit zur Verwendung von Kofferdam nicht erkennen, insbesondere nicht “bei jedem Schritt der Behandlung”. Vor dem Hintergrund der Bedeutung von Stellungnahmen der DGZMK bei Gerichten ist für den BVAZ absehbar, dass es jedem Patienten, dessen Wurzelkanalbehandlung (aus welchem Grunde auch immer) nicht zum Erfolg geführt hat, mit der Hilfe eines gut informierten Anwalts unter Bezugnahme auf die aktuelle Stellungnahme gelingen wird, dem behandelnden Zahnarzt einen Behandlungsfehler von vorne herein zu unterstellen und nachzuweisen – allein aufgrund der Tatsache, dass er auf die Verwendung von Kofferdam verzichtet hat.

Der Berufsverband der Allgemeinzahnärzte in Deutschland BVAZ sieht darin einen unhaltbaren Zustand, der umgehend abgestellt werden muss. Der BVAZ fordert die DGZMK daher dazu auf, die Vorschrift “eine Kofferdamisolierung hat bei jeder Sitzung einer Wurzelkanalbehandlung zu erfolgen” aufzugeben und zu ihrer früheren Formulierung “kann Kofferdam verwendet werden” zurückzukehren. Diese Auffassung teilt die DGZMK nicht, basieren doch die veröffentlichen Stellungnahmen auf gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Stellungnahme BVAZ als PDF-Datei können Sie hier herunterladen. Die Realität der Wurzelkanalaufbereitung in den Praxen zeigt, dass laut einer Umfrage der Universität Mainz (Tekyatan et al 2006) unter 2.182 Zahnarztpraxen in Deutschland lediglich 19,2 Prozent der befragten Zahnärzte Kofferdam stets verwenden. Dem stehen 42,9 Prozent der Zahnarztpraxen gegenüber, die Kofferdam nur gelegentlich verwenden. 37,9 Prozent nutzen Kofferdam nie!

Nach Anlagen des Kofferdam-Gummis schafft der Zahnarzt durch Aufbohren des Zahnes einen direkten Zugang zur Pulpa. Durch eine vergrößernde Lupenbrille oder ein OP-Mikroskop wird das Auffinden der Wurzelkanäle erleichtert. Entzündetes oder bereits abgestorbenes  Nervengewebe wird mit einer fein gezähnten Extirpationsnadeln entfernt.

 

Die Länge macht’s – die Bestimmung der Wurzellänge

Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Wurzelkanalbehandlung ist die exakte Vermessung der Wurzelkanallänge vor der eigentlichen Aufbereitung bzw. Füllung. Denn nur eine Wurzelfüllung, die bis nahe an die Wurzelspitze reicht, kann den Zahn dauerhaft erhalten. In jedem Fall muss eine zu kurze oder zu lange Wurzelfüllung vermieden werden. Ist die Füllung zu kurz, verbleiben noch Bakterien im Zahn, und die Entzündung kann nicht ausheilen. Fällt die Füllung zu lang aus, können Reizfaktoren im Knochen wirken und dort für eine Entzündung sorgen.

Exakte Wurzelfüllung.

Zu kurze Wurzelfüllung.

Zu lange Wurzelfüllung. (Fotos: VDW).

Die Kanallänge kann sowohl mit einer Röntgenaufnahme (Röntgenmesstechnik) oder mit Hilfe einer elektrischen Widerstandsmessung (Endometrie) bestimmt werden. Bei der Röntgentechnik wird ein feines Handinstrumente in den Wurzelkanal eingeführt und anhand einer Röntgenaufnahmen der Sitz und die Lage im Kanal sowie die Gesamtlänge des Zahnes bestimmt.

Alternativ zur Röntgentechnik kann die Länge des Zahnes auch mit Hilfe eines elektrischen Messgerätes bestimmt werden.  Die endometrische Wurzelkanallängenbestimmung mit Hilfe moderner Geräten, ist der herkömmlichen Methode der Bestimmung der Arbeitslänge in vielen Fällen überlegen (Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung). Zusätzlich kann, im Sinne des Patienten, durch Einsatz der Endometriegeräte eine Verringerung der Röntgenstrahlenbelastung im Rahmen der Wurzelkanalbehandlung erreicht werden (Pommer 2001). Allerdings werden die Kosten der Endometrie von den gesetzlichen Krankenklassen nicht übernommen. Eine endometrische Bestimmung der Wurzellänge ist daher bei gesetzlich Versicherten nur über einen privaten Behandlungsvertrag gemäß der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) möglich. Die Abrechnung der endometrischen Bestimmung der Wurzellänge erfolgt in der Regel nach der GOZ-Position 240.

Trotz der Vorteile der Endometrie ist die röntgenologische Ermittlung der Gesamtlänge nach wie vor als Standardmethode anzusehen, zumal das Röntgenbild dem Zahnarzt erheblich mehr Informationen vermittelt als nur die reine Längenangabe. Keinesfalls akzeptabel ist die Festlegung der Arbeitslänge “nach Fingerspitzengefühl”. (Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung).

Röntgenologische Bestimmung der Arbeitslänge. Drei Kanäle sind dargestellt.

Aufbereitung der Wurzelkanäle. Der Zahn ist mit einem Gummituch (“Kofferdam”) gegen Speichelzufluß isoliert.

Die Erweiterung der Wurzelkanäle

Bearbeiten der Wurzel ist beileibe keine einfache Sache. Im Gegenteil: Das Aufbereiten und Füllen von Wurzelkanälen gehört wohl zu den schwierigsten Behandlungen in der Zahnmedizin überhaupt. Da man in einem Gebiet arbeitet, das der direkten Sicht verschlossen ist, sind für gleich bleibend gute Ergebnisse Feingefühl und guter Tastsinn, verbunden mit Übung und Erfahrung, unerlässlich. Nicht umsonst kursiert unter wurzelgeplagten Zahnmedzinstudenten der Spruch „Wer sich in den Wurzelkanal begibt, kommt darin um.“

Nachdem die Arbeitslänge der Instrumente bestimmt ist, kann der Wurzelkanal bis zur Wurzelspitze mit zierlichen, biegsamen Instrumenten gesäubert und erweitert werden. Vor allem bei Backenzähnen mit ihren oft stark gekrümmten Wurzeln ist diese Aufbereitung des Kanals eine schwierige und zeitaufwendige Arbeit, die sich über mehrere Termine erstrecken kann. Als Ergebnis der Aufbereitung soll der Wurzelkanal eine bis zur Wurzelspitze reichende glatte Innenfläche aufweisen.

Zur Aufbereitung der Wurzelkanäle werden Edelstahlinstrumente oder Nickel-Titan-Instrumente verwendet. Da Edelstahlinstrumente nicht so flexibel sind, kann es bei stark gekrümmten Wurzelkanälen zur Begradigung der Kanäle kommen. Im Extremfall führt diese ungewollte Begradigung zum „Durchbohren“ (Perforation) der Wurzel. Ob trotz einer Perforation oder via falsa („falscher Weg“) eine weitere Erhaltung des Zahnes möglich ist, hängt von der Lokalisation der Perforation ab.

Neuartige Nickel-Titan-Instrumente sind im Vergleich zu Edelstahlinstrumenten um das Dreifache flexibler. Diese maschinell angetriebenen Instrumente eignen sich daher sehr gut für gekrümmte Kanäle, da aufgrund der hohen Flexibilität die natürliche Wurzelkrümmung erhalten wird. Als Ergebnis der Aufbereitung soll der Wurzelkanal eine bis zur Wurzelspitze reichende glatte Innenfläche aufweisen. Dennoch bleiben auch bei sorgfältigem Vorgehen 30 bis 40 Prozent der Wurzelkanalwände unbehandelt.

Wurzelkanaldesinfektion – ja, aber womit?
Da trotz gründlicher Säuberung des Kanals noch Bakterien vorhanden sein können, platziert der Zahnarzt nach jeder Behandlung ein antibakteriell wirkendes Medikament. Dieses Mittel verbleibt mit einer provisorischen Füllung verschlossen bis zur nächsten Sitzung im Wurzelkanal. Eine Einlage zwischen den Behandlungssitzungen soll dazu dienen, eine Wieder-Infektion oder eine Vermehrung der im Wurzelkanal verbliebenen Bakterien zu verhindern, Schmerzen zu lindern und Entzündungen zu vermindern. Als Standardmedikament für Zwischeneinlagen werden Calciumhydroxid-Pasten (Ca(OH)2-Pasten) oder Chlorhexidin-Lösungen (CHX-Lösungen) empfohlen (Rödig u. Hülsmann 2005).
Jedoch zeigen verschiedene Studien, dass weder Calciumhydroxid noch Chlorhexidin in der Lage sind, die Keime im Wurzelkanal vollständig zu vernichten. Laut einer finnischen Studie aus dem Jahr 2005 waren in infizierten Wurzelkanälen trotz einer Calciumhydroxid-Einlage für die Dauer einer Woche in 30 Prozent der Fälle noch lebende Bakterien enthalten (Waltimo et.al. 2005). Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen chinesische Wissenschaftler (Chu et.al. 2006). Erfolgreicher bei der Verringerung der Keime im Wurzelkanal scheint Chlorhexidin zu sein. Dennoch zeigt eine Studie auch für Chlorhexidin die Grenzen der chemischen Keule: Gerade einmal 50 Prozent der Kanäle waren nach Verwendung von Chlorhexidin bakterienfrei (Vianna et al. 2006).  

Nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) ist die Wurzelkanal-Desinfektion mit Chlorphenol-Kampfer-Menthol (CHKM), einer Substanz, die Professor Otto Walkhoff bereits 1891 vorstellte, nicht mehr zu empfehlen, da bei deren Anwendung eine zytotoxischen Wirkung (= als Zellgift wirkend) nicht auszuschließen ist (Wurzelkanalspülung, Stellungnahme der DGZMK 2006).  Cheng und Messer (1988) stellten im Laborversuch fest, das die Zytotoxizität des CHKM dessen antibakterielle Wirkung übertrift und schlossen daraus, dass es immer schwieriger werde, die fortgesetzte Anwendung des Medikaments bei Wurzelbehandlungen zu rechtfertigen. Schäfer (2001) ist sogar der Auffassung, die Anwendung von Einlagen auf Chlorphenolbasis sei unter biologischen Aspekten strikt abzulehnen. Eine Auffassung, die nicht von allen Zahnärzten vertreten wird, zumal CHKM durchaus eine gute desinfizierende Wirkung hat (Siqueira et al. 2007).

So kann der interessiere Leser in der Zeitschrift DAZ-Forum einen Disput unter Zahnärzten verfolgen. Während der Zahnarzt Dr. Dr. Rüdiger Osswald aus verschiedenen Gründen eine Empfehlung für Chlorphenol-Kampfer-Menthol (CHKM) abgibt (Osswald, R.: Die Bedeutung der sorgfältigen Desinfektion in der Endodontie. DAZ Forum (2005) 86:10-13), lehnt Zahnarzt Dr. Harald Strippel vom Medizinischen Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen die Verwendung strikt ab. Er zieht in seinem Artikel “Ist die Wurzelkanaldesinfektion mit CHKM wirklich überlegen?” (DAZ Forum (2005) 86:14-16) das Fazit: “CHKM ist weder ausreichend antibakteriell wirksam noch ausreichend biokompatibel. Angeblich überlegene Eigenschaften des CHKM entsprechen einem Wunschdenken. CHKM-Einlagen sind daher nicht zu empfehlen, auch wenn sie momentan nicht als definitiv obsolet (= veraltete und nicht mehr gebräuchliche Anwendungen) bezeichnet werden können.” Ein Fazit, das Rüdiger Osswald nicht teilt (Osswald, R.: Die indikationsgerechte Behandlung der Endodontitis. DAZ Forum (2006) 87: 15-17).

Eine Literaturübersicht in der Fachzeitschrft “Endodontie” kommt zum Schluss: “Die Anwendung von Chlorphenol-Präparaten ist angesichts der Tatsache, dass mit Kalziumhydroxid ein effektiveres und zugleich biokompatibleres Material zur Verfügung steht, heute nicht mehr indiziert. Eine Empfehlung zum Einsatz von Chlorphenol-Kampfer-Präparaten findet sich dementsprechend in keinem aktuelleren Endodontie-Lehrbuch.” (Die Anwendung von Chlorphenol-Präparaten als medikamentöse Einlage. Endodontie (2003) 12:165-178).
In den Informationen über Zahnärztliche Arzneimittel 2000 (IZA) der Arzneimittel-Kommission der Bundeszahnärztekammer findet man auf Seite 49 folgenden Hinweis unter dem Stichwort Chlorphenol-Kampfer: “Dieses Gemisch diente zum Tränken von Gazestreifen. (Als Einlage in den Wurzelkanal lehnt das Bundesgesundheitsamt Chlorphenol-Kampfer ab; vgl. S. 29). Da die beanstandeten Effekte in Wunden sich noch stärker auswirken, ist es hierfür nicht mehr zugelassen.”
Dennoch verwendet noch heute nahezu jede fünfte Zahnarztpraxis (Tekyatan, H. et al. 2006) die antibakterielle Substanz Chlorphenol-Kampfer-Menthol (CHKM). Das letzte Wort für oder gegen CHKM ist also noch nicht gesprochen.

Eines ist aber sicher: Die Desinfektion der Wurzelkanäle – egal mit welchem Mittel – bewirkt nur eine Keimarmut. Eine Vollständige Keimfreiheit im infizierten Wurzelkanal ist unmöglich. So überlebt Enterokokkus faecalis, eine spezielle Bakterienart, scheinbar alle Desinfektionsmitteln für den Wurzelkanal und ist damit der Problemkeim der Wurzelkanalspezialisten (Davis et al. 2007Estrela et al. 2007).

 

Zu guter letzt: Abfüllung der Wurzelkanäle
In der letzten Sitzung wird der Wurzelkanal mit dünnen Papierspitzen getrocknet. Anschließend füllt der Zahnarzt den erweiterten und gesäuberten Wurzelkanal mit einer speziellen Paste sowie mit Stiften aus Guttapercha (eine gummiartige Substanz aus einem Palmensaft).  Diese Wurzelkanalfüllung hat die Aufgabe, den zuvor weitestgehend bakterienfrei gemachten  Wurzelkanal mit gewebeverträglichen Materialien dauerhaft dicht zu verschließen. Zur Wurzelkanalfüllung stehen verschiedene Techniken zur Verfügung (Pastensysteme, Kombination von Paste (Sealer) und Wurzelstifte aus Guttapercha, thermische Kondensation). Mit einer abschließenden Röntgenaufnahme kontrolliert der Zahnarzt Dichtigkeit und Länge der Wurzelkanalfüllung. Die Füllung soll etwa einen Millimeter vor der Wurzelspitze enden. Sie darf nicht durch die Wurzelspitze in den Kieferknochen ragen, sonst kann es zu einer Entzündung mit starken Schmerzen kommen.

Röntgenologische Kontrolle der Wurzelkanalfüllung.

Wurzelkanalbehandlung – Schritt für Schritt

Der Zugang zum Zahnnerv wird angelegt.

Die Kanaleingänge werden mit feinen Instrumenten ertastet.

Mit hochflexiblen Instrumenten werden die Kanäle gereinigt und ausgeformt.

Häufiges Spülen reinigt zusätzlich und tötet Bakterien ab.

Die Wurzelkanäle werden anschließend mit Guttapercha gefüllt.
(Grafiken: Dentsply)

Endgültige Versorgung des Zahnes nach der Wurzelbehandlung

Eine Wurzelkanalbehandlung ist erst dann endgültig abgeschlossen, wenn der Zahn durch eine Füllung oder eine Krone seine volle Funktionsfähigkeit  wiedererlangt hat. Die Behandlung von wurzelkanalbehandelten Zähnen hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt und es liegen gegenwärtig unterschiedliche Therapieempfehlungen zur endgültigen Versorgung wurzelbehandelter Zähne vor. Stiftverankerungen mit Keramik-, Glasfaser oder Metallstiften erfolgen bei großen Defekten, um einen Halt des  prothetischen Zahnersatzes zu ermöglichen. Nicht immer muss aber gleich eine Krone angefertigt werden. Bei kleineren Defekten reicht aber oftmals schon eine Kompositfüllung aus.

Immer wieder wurde vermutet, dass ein wurzelbehandelter Zahn versprödet. Dies konnte von mehreren Arbeitsgruppen widerlegt werden (Stanford et al. 1958, Fusayama/Maeda 1969, Sedgley/Messer 1992). Es konnten keine Veränderungen der Scher- und Bruchfestigkeit, der Bruchzähigkeit sowie des Feuchtigkeitsgehaltes nachgewiesen werden. Das Dentin von wurzelbehandelten Zähnen verändert sich also in seinen physikalischen Werten kaum. Weder für die Versorgung noch für die prothetische Wertigkeit haben diese geringfügigen Änderungen klinische Bedeutung.

Zur Befestigung einer Krone ist manchmal ein Stift notwendig. (Grafik: Dentsply)

Die Erfolgsaussichten

Die Erfolgsaussichten einer exakt durchgeführten Wurzelkanalbehandlung sind in der Regel sehr hoch. Nach verschiedenen Studien kann man von Erfolgsraten zwischen 85 und 90 Prozent ausgehen (Sjögren et al. 1990Dammaschke et al. 2003Speich 2003Farzaneh et al. 2004). Auch die Lebensdauer eines erfolgreich wurzelkanalbehandelten Zahnes liegt im langfristigen Vergleich nur unwesentlich unter jener von vitalen Zähnen. Umso unverständlicher war für die Fachwelt, dass zu Beginn des Jahres 2004 eine Änderung im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkasse die Möglichkeiten für Wurzelbehandlungen im Bereich der hinteren Backenzähne, den so genannten Molaren, stark einschränkte (siehe weiter unten). Dabei stellt ein im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung durch das Österreichische Bundesinstitut für Gesundheitswesen erstelltes Gutachten der Wurzelkanalbehandlung sowohl unter medizinischer als auch unter ökonomischer Betrachtung ein gutes Zeugnis aus, weist es doch nach, „dass eine sorgfältig und nach modernen Behandlungsrichtlinien durchgeführte WKB (= Wurzelkanalbehandlung, Anm. d. A.) eine angemessene und ökonomisch vertretbare Behandlungsmethode – auch für endodontisch erkrankte Molarzähne – ist. In einigen Studien konnten für Molaren Erfolgsraten von zum Teil über 90% bei einer Beobachtungsdauer von zehn Jahren festgestellt werden.“ (Habl et al. 2005). 

Das nicht nur Spezialisten gute Wurzelkanalbehandlungen durchführen, konnte eine Studie des britischen National Health Service (Tickle et al. 2008) zeigen: Bei einer Nachuntersuchung von Wurzelfüllungen, die von britischen Allgemeinzahnärzten gelegt worden waren, fiel auf, dass die Versagensrate von rund neun Prozent innerhalb eines Fünf-Jahres-Zeitraums weit unter den in der wissenschaftlichen Literatur genannten Zahlen liegt. Da die Versagensrate von optimalen wie nicht ganz optimalen Wurzelkanalaufbereitungen im Röntgenbild nahezu gleich ist, kann unterstellt werden, dass eine Wurzelkanalbehandlung nicht so techniksensibel ist wie vielfach angenommen. 

Trotz aller Erfolge: In wenigen Fällen kann es längere Zeit nach Abschluss der Behandlung an dem Zahn zu Beschwerden kommen, das heißt trotz erfolgter Behandlung dringen noch Bakterien aus kleinen Seitenkanälchen bis in den Knochen vor und verursachen bzw. unterhalten dort eine Entzündung. Um dieses frühzeitig zu erkennen, kontrolliert man in regelmäßigen Abständen den Behandlungserfolg durch klinische Untersuchungen und Röntgenaufnahmen.

Mögliche Komplikationen

Gelegentlich können während oder nach Abschluss der Behandlung Beschwerden an dem betroffenen und bis dahin möglicherweise schmerzfreiem Zahn auftreten. Meist vergehen diese Beschweden nach einiger Zeit (Willershausen et al. 2002).
Weitere Komplikationen sind der Bruch eines Instruments und die Perforation, d.h. das Durchbohren der Zahnwand. Eine Perforation wird auch als via falsa oder fausse route bezeichnet.

Ursache für Instrumentenbrüche können Überbeanspruchung und Ermüdung (Hinweis: Nach dem Medizinproduktegesetz ist der Zahnarzt zur Dokumentation der Anwendungshäufigkeit der Instrumente verpflichtet), in seltenen Fällen auch Materialfehler sein. Ob das in der Wurzel verbliebene Bruchstück entfernt werden muss, hängt von der Situation ab. In einigen Fällen kann das abgebrochene Teil mit Hilfe bestimmter Spezialinstrumente aus dem Wurzelkanal entfernt werden. In anderen Fällen ist die Entfernung nur über eine Operation möglich (DGZMK 2007b).

Eine Überfüllung (Überstopfung. Überinstrumentierung) des Wurzelkanals kann im Oberkiefer zu einer Kieferhöhleneröffnung und im Unterkiefer zu einer Beeinträchtigung des Unterkiefernerven führen. Werden nur geringe Mengen des Wurzelfüllmaterials überpresst, kann der Abbau (Resorption) des Füllmaterials im Sinne einer Selbstheilung abgewartet werden (Ketterl 1984 u. 1987). Bei größeren Überstopfungen empfiehlt sich die operative Entfernung.

Das Durchbohren der Zahnwand (Perforation) kann zum Beispiel durch Verwendung von zu großen und zu starren Instrumente oder durch eine falsche Bearbeitung des Wurzelkanals (Aufbereitungstechnik) geschehen. Je nach Lage der Durchbohrung ist die Korrektur mehr oder weniger schwierig. 

In jedem Fall muss der Patient über den Behandlungszwischenfall, seine Konsequenzen und die Therapiemöglichkeiten aufgeklärt und das weitere Vorgehen mit ihm abgestimmt werden. Außerdem ist der Vorfall in der Behandlungsakte zu dokumentieren. Ein Behandlungs- oder gar Kunstfehler lässt sich aus diesen Komplikationen nicht unbedingt ableiten. So musste sich das Landgericht Leipzig mit der Frage befassen, ob es sich um einen Kunstfehler handelt, wenn ein Wurzelkanalinstrument in der Zahnwurzel abbricht. Im zu klärenden Fall entschied das Gericht nach nach Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens, dass der Abbruch des Wurzelkanalerweiterers nicht auf einem fehlerhaften Einsatz des Instrumentes beruhte. Damit wurde ein Behandlungsfehler verneint (Urteil vom 24. 3. 1997, Az. 15 O 3196/ 96).

Trotz dieser möglichen Komplikationen ist die Wurzelkanalbehandlung eine der wichtigsten zahnerhaltenden Behandlungsmöglichkeiten und eine sinnvolle Alternative zur Entfernung des Zahnes.

Kontrollröntgenaufnahme mit Überfüllung (siehe Pfeile) im Bereich der hinteren Wurzel des unteren Backenzahnes.

Wurzelstifte statt Implantate – eine haltbare Lösung

Festsitzender Zahnersatz hält in mehr als der Hälfte aller Fälle länger als 15 Jahre. Die günstigen Langzeitergebnisse zeigen, dass stiftverankerte Kronen und Brücken mit Implantaten konkurrieren können. Es ist also keineswegs erforderlich, in Fällen, in denen der sichtbare Teil eines Zahnes, seine Krone, weitgehend zerstört ist, den Zahn zu entfernen. Mit Hilfe einer Wurzelkanalbehandlung und wurzelstiftverankertem Zahnersatz kann der Zahn noch lange seinen Dienst tun. Zu diesem Ergebnis kommt Dr. Kai Falkenberg in einer Studie des Zentrums für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universität zu Köln.

Die Untersuchung umfasste 85 Patienten mit zusammen 184 Stiftversorgungen – konfektionierte und individuell gefertigte Stifte in gegossener Ausführung. Nach fünf Jahren waren noch 93,2 Prozent der Zahnstifte erhalten und nach 15 Jahren immerhin noch 77,3 Prozent. Die Langlebigkeit von festsitzendem Zahnersatz macht ihn zu einer echten Alternative zu den wesentlich teureren und eingreifenderen Implantaten, folgert der Autor in seiner Studie.

Wurzelverankerter Zahnersatz erleidet hauptsächlich Schaden auf Grund technischer Mängel wie zum Beispiel ungenügende Verankerung der Stifte im Zahnwurzelrest. Auch die Länge des eingesetzten Stiftes entscheidet maßgeblich über den Erfolg der Behandlung. Der Stift sollte mindestens so lang sein wie die natürliche Krone. Gerät der Stift zu kurz, bietet er zu wenig Halt und muß nach kurzer Zeit erneut zementiert werden. Der Erfolg bleibt aus. Sehr wichtig bei der Verankerung von Wurzelstiften ist außerdem die verbliebene Zahnsubstanz. Wenn sie gut erhalten ist und nicht von Karies befallen wird, erhöht dies zusätzlich die Überlebensdauer des Zahnersatzes.

Die Alternativen
Wurzelspitzenresektion (WSR)
Die einfachste Alternative zu einer Wurzelkanalbehandlung ist die Extraktion, das heißt das Ziehen des Zahnes. Auch die sogenannte Wurzelspitzenresektion, ein chirurgischer Eingriff, bei dem die erkrankten Wurzelspitzen abgetrennt werden, kommt in Betracht. Bei mehrwurzeligen Zähnen kann durch die alleinige Entfernung der entzündeten Wurzel (“Hemisektion“) das Problem behoben und somit die gesunden Wurzeln im Kieferknochen belassen werden. Diese Verfahren können in der Regel auch noch nach dem Scheitern einer Wurzelkanalbehandlung durchgeführt werden.

Wurzelkanalrevision
Auch nach einer bereits durchgeführten Wurzelkanalbehandlung kann es wieder zu Beschwerden kommen. Eventuell sind Bakterien im Kanal verblieben oder ein Kanal wurde übersehen oder nicht in seiner gesamten Länge aufbereitet. In diesen Fällen hilft oft  eine erneute Wurzelkanalbehandlung, eine sogenannte Revisionsbehandlung. Hierbei wird die alte Wurzelfüllung wieder entfernt und das gesamte Kanalsystem gründlich gereinigt. Anschließend füllt der Zahnarzt das Wurzelkanalsystem und der Zugang durch die Zahnkrone wird zunächst provisorisch und bei Erfolg endgültig mit einem Füllmaterial oder einer Krone dicht verschlossen.
Nach den für gesetzlich Versicherte geltenden Behandlungsrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses ist die Revision einer alten Wurzelfüllung nur angezeigt, wenn die alte Füllung erkennbar undicht oder nicht randständig ist und mit der Behandlung ferner

– eine geschlossene Zahnreihe erhalten werden kann,
– 
eine einseitige Freiendsituation vermieden wird,
– der Erhalt von funktionstüchtigem Zahnersatz möglich wird.

Leider werden dies Bestimmungen vielfach unterschiedlich ausgelegt. Prinzipiell muss immer die Frage geklärt werden, wann und inwieweit die Revision einer bestehenden Wurzelfüllung eine Kassenleistung darstellt. Im Fall einer Entzündung an der Wurzelspitze bei röntgenologisch einwandfrei erscheinender Wurzelfüllung würde dies bedeuten, dass zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung keine Wurzelkanalrevision, sondern nur eine Wurzelspitzenresektion möglich ist. Lediglich bei unzureichenden Wurzelfüllungen, die nicht randständig sind oder den Wurzelkanal nicht über die gesamte Länge ausfüllen, darf eine Revision über die gesetzlichen Krankenkasse abgerechnet werden. Voraussetzung ist ferner, dass mindestens eines derjenigen Kriterien erfüllt wird, die auch als Bedingung für die Wurzelkanalbehandlung von großen Backenzähnen (Molaren) gelten (siehe unten). Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass bei geplanten Revisionen diese Kriterien für sämtliche Zähne gelten, wobei einige Bema-Kommentare hier allerdings anderer Ansicht sind und auch diese Bestimmungen auf die Wurzelbehandlung von Molaren beschränken. Trifft keine der genannten Voraussetzungen zu, so kann auch die Revision einer unzureichenden Wurzelfüllung nur auf Grund einer individuellen Vereinbarung privat in Rechnung gestellt werden.

Welche Kosten übernimmt die gesetzliche Krankenkasse?

  • Die Kosten für Wurzelbehandlungsmaßnahmen werden in den meisten Fällen von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

 Hinweis:
        Die Wurzelbehandlung zu Lasten der Krankenkassen wurden 2004 zu Ungunsten der Patienten eingeschränkt.
Nach den seit 2004 geltenden Behandlungsrichtlinien kann eine Wurzelbehandlung zu Lasten der gesetzlichen
Krankenversicherung durchgeführt werden, wenn:

  • damit eine geschlossen Zahnreihe erhalten werden kann.
  • eine einseitige Freiendsituation vermieden werden kann.
  • der Erhalt von funktionstüchtigem Zahnersatz nur dadurch möglich wird.

Zusätzlich gilt:

  • Eine Behandlung im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung ist nur dann angezeigt, wenn die Möglichkeit
    der Wurzelfüllung bis an die Wurzelspitze gegeben ist (dies ist bei großen Backenzähnen mit stark gekrümmten Wurzeln nicht immer möglich).
  • Bei pulpentoten Zähnen mit Veränderungen an der Wurzelspitze (Entzündung im Kieferknochen) ist der Versuch
    der Erhaltung kritisch zu überprüfen. Behandlungsversuche mit unklaren Erfolgsaussichten werden durch die Krankenkassen nicht getragen.

In Zweifelsfällen sollten Sie sich von Ihrer Krankenkasse oder einer zahnärztlichen Beratungsstelle beraten lassen.

Privat wird’s teuer

Wird bei einem gesetzlich Versicherten festgestellt, dass die Wurzelkanalbehandlung nicht den Bedingungen der vertragszahnärztlichen Versorgung genügt, ist nur eine Privatbehandlung mit nicht unerheblichen Kosten für den Patienten möglich. Leider eröffnen die neuen Richtlinien hier vielfältige Möglichkeiten, Wurzelkanalbehandlungen privat abzurechnen. Kein gesetzlich versicherter Patient wird realistisch beurteilen können, ob die Wurzelkanalbehandlung zu Lasten seiner Krankenkasse abgerechnet werden darf oder ob sie stattdessen privat bezahlt werden muss. So unterschreibt er die entsprechenden Formulare und zahlt am Ende privat 300 Euro und mehr für eine Behandlung, die bei genauer Prüfung vielleicht von der Krankenkasse bezahlt worden wäre. Durch eine Erhöhung des Steigerungssatzes auf 3,5 und die erlaubte Berechnung der benötigten Verbrauchsmaterialien, zum Beispiel Anästhesiemittel, Einmalinstrumente, Kofferdam-Gummi, lässt sich das Privathonorar spielend bis auf 1.000 Euro erhöhen.

Bei Kosten von 300, 400 Euro und mehr für die Wurzelbehandlung eines Zahnes wird es in unserer Gesellschaft einige Patienten geben, die sich diese zahnerhaltende Behandlung nicht leisten können und zur Alternative „Zahnziehen“ greifen. Zumal erschwerend hinzukommt, dass bei einer pivaten Wurzelbehandlung auch die Begleitleistungen (z. B. Anästhesie) und die Folgeleistungen an diesem Zahn privat zu erbringen sind. Bei strenger Auslegung kann ein privat endodontisch behandelter Zahn nicht direkt anschließend mit einer Kassenkrone versorgt werden. Diese Leistungen sind dann auch Privatleistungen. Wird jedoch etwas gewartet (z. B. zwei Monate) und der behandelte Zahn ist beschwerdefrei, dann erhält dieser Zahn seinen Kassenstatus zurück. Das mag zwar zunächst unlogisch erscheinen, ist aber korrekt, da der Patient auch einen anderen Zahnarzt mit der Bitte um eine Kassenbehandlung aufsuchen könnte. Im Schmerzfall hat der Patient unabhängig von allen genannten Behandlungskriterien Anspruch auf eine Schmerzbeseitigung als Kassenleistung.

Für Leistungen, die nicht durch die gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, ist zwischen Zahnarzt und Patient vor der Behandlung eine schriftliche Vereinbarung nötig (Beispiele) nötig. Grundlage für diese Vereinbarung ist die amtliche Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ).

Behandlung mit Laser

Der Laser (“Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation (englisch “Lichtverstärker durch stimulierte Strahlungsemission”)”) ist eine Lichtquelle die extrem scharf gebündeltes Lichts ausstrahlt. Die Intensität und Bündelung einer durch Laser erzeugten Lichtquelle ist so groß, dass es genügt, einen Laserstrahl von wenigen Millimetern Durchmesser auf den Mond zu richten, um dort, noch deutlich erkennbar, eine Fläche von 1 m² zu beleuchten.
Neben der Medizin wird auch in der Zahnheilkunde der Laser für verschiedene Aufgaben eingesetzt. Allerdings sind die Einsatzmöglichkeiten für Laser in der Zahnmedizin begrenzt. Die Lasersysteme werden in zwei Gruppen unterteilt: Softlaser und Hardlaser. Softlaser senden Laserlicht niedriger Energie aus. Ihre Leistungen liegen im Milliwattbereich.

Beteiligung durch gesetzl. Krankenkasse

  • Laserbehandlungen sind Privatleistungen, daher keine Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenkasse (GKV).

Softlaser
Softlaser werden in Praxen zur Bestrahlung verwendet. Sie sollen biostimulierend wirken und so die Wundheilung verbessern und Schmerzen lindern. Allerdings ist der Wirkungsmechanismus der Softlaser zur Zeit nicht restlos geklärt, ihr objektiver therapeutischer Wert wird in der Literatur sehr unterschiedlich betrachtet. Die Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK 1999) zieht das Fazit: “Zur Anwendung von Biostimulationslasern liegen derzeit keine kontrollierten Doppelblindstudien vor, die eine therapeutische Wirksamkeit der sog. ‘Softlaser’ belegen können” (DGZMK 1999).

Hardlaser
Hardlaser werden in der Zahnmedizin hauptsächlich als “Lichtskalpell” in der Chirurgie, in der Parodontalbehandlung, bei der Wurzelkanalbehandlung, zur Kariesentfernung und zum Desensibilisieren von empfindlichen Zahnhälsen eingesetzt. Bei manchen Behandlungen kann die Lasertechnik die herkömmlichen Methoden unterstützen und optimieren, in manchen Fällen sogar ersetzen.

Laser in der Wurzelkanalbehandlung
Dies ist zur Zeit eines der wichtigsten Einsatzgebiete, denn die Laserunterstützung bei der Wurzelkanalbehandlung erhöht die Erfolgsquote bei schwierigen Fällen und macht es oft möglich, die Behandlung in weniger Sitzungen durchzuführen. Die herkömmliche Wurzelkanalbehandlung wird allerdings nicht ersetzt. Die Aufbereitung des Wurzelkanals muss immer noch mit den bewährten Methoden durchgeführt werden. Das Laserlicht, das mit einem dünnen Lichtleiter in den Wurzelkanal eingebracht wird, verdampft noch verbliebene Nervenreste und tötet im Wurzelkanal vorhandene Mikroorganismen ab.

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