Eine Pille gegen Zahnausfall?

“Erste Pille gegen Zahnausfall” – so reißerisch wurde Ende 1998 die Einführung des Medikaments Periostat® auf dem amerikanischen Markt gepriesen. Hatte da wirklich das amerikanische Biotechunternehmen CollaGenex Pharmaceuticals den Stein der Weisen gegen die Volksseuche Parodontitis gefunden? Nun, wir alle wissen es: Wunder sind selten. Auch bei der Parodontitisbehandlung.

Eigentlich ein Antibiotikum
Dennoch, kaum hatte die amerikanische Nahrungs- und Arzneimittelbehörde (Food and Drug Administration, FDA) am 1. Oktober 1998 das niedrigdosierte Antibiotikum Doxycyclin, ein halbsynthetisches Tetrazyclin, als therapiebegleitendes Medikament zur Behandlung der Parodontitis für die Vereinigten Staaten zugelassen, meldeten skandalhungrige Kioskblätter dem deutschen Leser die „Wunderpille“ gegen Zahnausfall. Patienten stürmten erwartungsvoll die Praxen und hofften auf ein Wunder für ihre Zähne. Ein Wunder, das letztlich nicht kam. Denn bei genauerer Durchsicht der Firmeninformationen zu Periostat®, so hatte die Firma Colla Genex ihre Pille genannt, wurde schnell klar, dass Periostat® höchstens die normale Parodontitistherapie unterstützt und vielleicht etwas optimiert. Alleine die Einnahme der Pille hilft nicht gegen lockere Zähne!

Nachgewiesen ist, dass das in der Tablette enthaltene Antibiotikum Doxycyclin neben seiner antibakteriellen Wirkung auch die Fähigkeit besitzt, bestimmte gewebeabbauende Enzyme, so genannte Kollagenasen, zu hemmen. Nur diesen Hemmeffekt nutzt Periostat®. Denn bei Parodontalerkrankungen werden durch die in der Zahnfleischtasche enthaltenen Bakterien Kollagenasen aktiviert. Es kommt zum Gewebeabbau, zur Zahnlockerung und im Endstadium zum Zahnverlust. Die Hemmung der Enzyme ist daher ein interessanter Weg bei der Behandlung der Parodontitis. Aufgrund der sehr niedrigen Dosierung von lediglich 20 Milligramm Doxycyclin pro Tablette ist keine antibakterielle Wirkung zu erwarten. Deshalb wird von Periostat® der die Parodontitis auslösende Faktor, nämlich die bakterielle Besiedlung der Zahnfleischtaschen nicht behandelt. Diese Taschen und die Zahnwurzeln müssen daher nach wie vor mit entsprechenden Geräten mechanisch vom Zahnarzt gereinigt werden.

Zwar verkennt die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) in ihrer Stellungnahme nicht gewisse positive Effekte von Periostat®, doch rät sie zur Vorsicht, da die Langzeitfolgen des – wenn auch niedrig dosierten – Antibiotikums noch nicht bekannt sind (Stellungnahme der DGZMK, 10/1998). Unterstützt wird diese Auffassung durch einen Artikel des international renommierten Journal of the American Dental Association. Aufgrund einer Literaturübersicht fassten die Autoren zusammen, dass die Gabe von niedrigdosiertem Antibiotikum zwar einen gewissen Vorteil mit sich bringen könnte. Vor einem weit verbreiteten Einsatz über längere Zeit müssten jedoch noch eine Reihe von Fragen beantwortet werden. (Greenstein et al. 2001, Bidault et al. 2007). Die American Academy of Periodontology spricht in ihrer Verlautbarung Periostat® (Statement Januar 2000), die sich auf der Auswertung zweier Studien stützt, ebenfalls nicht von Wundern, sondern eher nüchtern von geringen Verbesserungen bei der Wiederherstellung und Heilung des zerstörten Zahnhalteapparates. Die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie (DGP) kommt zu dem Schluss: “Basierend auf dem gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Dokumentation ist eine Anwendung des Produktes bei Patienten mit schweren generalisierten Formen der marginalen Parodontitis möglich, die klinischen Effekte aber eher als gering einzustufen. Die Anwendung von Periostat® sollte in jedem Einzelfall unter Einbeziehung der oben genannten Vor- und Nachteile vom Zahnarzt mit dem Patienten besprochen und abgewogen werden.”

Für diesen geringen Erfolg mussten die Patienten zweimal täglich die Tablette einnehmen. Laut Arznei-Telegramm (11/1998, S. 103) kostet eine dreimonatige Periostat®-Kur in den USA umgerechnet rund 120 Euro, in Deutschland ist mit Kosten von bis zu 270 Euro zu rechnen. Angesichts der Aussagen der führenden wissenschaftlichen Fachgesellschaften davon zu sprechen, dass ein Verzicht auf Periostat® bedeutet „für den kranken Patienten den Fortschritt zahnmedizinischer Erkenntnisse nicht nutzbar zu machen“ (Hellwege 2003, S.88) ist nicht nachvollziehbar und verunsichert Patienten und Zahnärzte gleichermaßen.

Pille gegen Zahnausfall? Quelle: Prophylaxe Dialog 2/1999.

Beteiligung durch gesetzl. Krankenkasse

  • Nein, das Auffüllen parodontaler Knochendefekte mit Knochenersatzmaterial ist keine Kassenleistung und muss vor Beginn der Behandlung mit dem Patienten schriftlich auf der Basis der amtlichen Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) vereinbart werden.

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